Der Lebenslauf – der Verkaufsprospekt ihrer Persönlichkeit, Kompetenz und Erfolge

Mit diesen Tipps, für Ihren Lebenslauf, bekommen Sie das „Gesicht in der Menge“ und eine Einladung zum Gespräch.

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Lebenslauf
Lebenslauf

Der Lebenslauf hat zwei Funktionen. Eine davon ist allgemein bekannt und eine davon ist meist unbekannt. Die Erste, die bekannte Funktion des Lebenslaufs, ist die Bewerbung. Anschreiben plus Lebenslauf gleich Bewerbung. Das Anschreiben, oder das Motivationsschreiben, ist der Teil der Bewerbung, denn niemand schreiben und noch weniger lesen will. Und heute in der Regel sehr reduziert ist oder ganz weggelassen wird. Der Lebenslauf, den Sie als Teil ihrer Bewerbung versenden, ist zwei Seiten lang, maximal drei, wenn der Verlauf ihres Lebens schon fortgeschritten ist. Die Zweite, die unbekannte Funktion des Lebenslaufs, ist, dass es Ihre Erfolgsdatenbank ist. 

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Was aber ist der Hauptfehler, nicht weil es falsch ist, sondern langweilig, in einem Lebenslauf? 

Sie schreiben, was sie gemacht haben, nicht, was Sie erreicht haben. Die Stellenbeschreibung wird naiv in den Lebenslauf übertragen. 

Mehr als 80 % aller Lebensläufe folgen diesem Beispiel des „Leiter Vertrieb“. 

11/2018 – 02/22   Leiter Vertrieb 

  • Verantwortung für den Außen- und Innendienst  
  • Erschließung neuer Märkte 
  • Gewinn von Neukunden  
  • Pflege von Bestandskunden 
  • Entwickeln der Vertriebsstrategie 

Das steht, mehr oder weniger, so in jeder Stellenbeschreibung eines Vertriebsleiters. Das kennt der Personaler, das hat er selbst schon x-mal so geschrieben. Im Lebenslauf liest sich das allerdings fantasielos bis desinteressiert. 

Das ist schlicht die falsche Umsetzung des guten Ratschlags, die Stellenanzeige genau zu lesen und die eigene Bewerbung dann an die Anforderungen anzupassen. 

Wenn Sie sich jetzt für einen Augenblick in die Lage der Geschäftsführerin versetzen, die einen neuen Vertriebsleiter sucht, was möchte sie lesen? Sicherlich keine Kopie ihrer eigenen Stellenanzeige. 

Sondern die Geschäftsführerin möchte Ihr persönliches und konkretes „was, wie, wo, wann, wie viel genau“ lesen. 

Kurz um, die Antwort auf die wichtigste Frage: „Was haben Sie konkret, in der jeweiligen Position, zum Unternehmenserfolg beigetragen?“ 

Sollten Sie ein Erfolgstagebuch führen, in dem sie jeden Monat ihre jeweiligen Erfolge eingetragen, dann haben Sie es jetzt einfach. Führen Sie kein solches Tagebuch, dann stehen Sie jetzt vor der Aufgabe, ihre Erfolge der letzten Jahre nachzuvollziehen und mit Zahlen, Daten, Fakten zu unterlegen. 

Am Beispiel des „Leiter Vertrieb“ und „Erschließung neuer Märkte“ könnte das so aussehen: 

  • Expansion nach Spanien und Portugal in 2018 
  • Im ersten Jahr Umsatz 10% über Plan (falls Sie keine Zahlen nennen wollen oder dürfen) 
  • Reklamationen 28% besser als Plan 
  • Jährliches Wachstum um 8% 
  • Ausbau des Vertriebsinnendiensts mit Muttersprachlern 
  • Etc. Etc. 

Wenn Sie in dieser Art und Weise jedes Jahr Ihres Berufslebens aufarbeiten, ist Ihr Lebenslauf schnell acht, zehn oder zwölf Seiten lang. Wenn Sie jetzt noch hergehen, und ihre herausragenden Projekte, ihre Leuchtturmprojekte und ihre Erfolge dabei zu Papier bringen, wird ihr Lebenslauf noch länger. 

Damit ist Ihr Lebenslauf zu Ihrer Erfolgsdatenbank geworden – meine ausdrückliche Gratulation. 

Ihre Erfolgsdatenbank sind die wichtigsten zehn Seiten Papier, die Sie haben und das unverzichtbare Fundament jeder Bewerbung

Zum einen kommen Sie beim Zusammentragen Ihrer Erfolgsdatenbank mit Ihren Erfolgen und lang vergessenen Projekten und dadurch mit ihren Stärken in Kontakt. Das führt zum anderen zu vielen Aha-Erlebnissen und zur Erinnerung an viele gute Momente, was wiederum für das Selbstwertgefühl förderlich ist. Dadurch dämpfen Sie einen bekannten aber nachteiligen psychologischen Effekt, dass wir Misserfolgen oder negativen Ereignissen eine zehnmal größere Bedeutung und Bewertung geben als den positiven Dingen. 

Natürlich haben Sie Schwächen und Misserfolge.  

Doch bedenken Sie – viel Licht, viel Schatten. 

Was ist das Gegenteil von Erfolg? Es ist nicht Misserfolg! Sondern Resignation! 

Ein Bild, das Text, Schild, draußen, Zeitung enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Wenn Sie jetzt Ihre Erfolgsdatenbank durchgehen, was erkennen Sie? Was sind Ihre größten Stärken und Fähigkeiten und Charaktereigenschaften?  

Ist es Durchsetzungsfähigkeit, Anpassungsfähigkeit, Entscheidungsstärke, Beharrlichkeit, Schnelligkeit, Zuverlässigkeit, Sprachbegabung, Verkaufsstärke, interkulturell, etc. 

„Alles was wir sagen ist wahr, wir sagen aber nicht alles was war.“ 

Aus Ihrer zwölf Seiten langen Erfolgsdatenbank extrahieren Sie nun Ihre zwei Seiten lange Bewerbung. Der 2-Pager ist der Kern vom Kern, die Essenz, Ihrer Person anhand der langen Liste der Erfolge aus Ihrer Erfolgsdatenbank. Jetzt den David aus dem großen Block Marmor freizulegen, das ist echte Arbeit, die sich lohnt! 

Wie gehe Sie mit Lücken um? Stehen Sie dazu! Der Versuch Lücken zu verstecken, wird als das wahrgenommen, was es ist, Unehrlichkeit. Wollen Sie etwa einen unaufrichtigen Kollegen oder Mitarbeiter? 

Wenn sechs Monate arbeitslos waren, also eine Auszeit zur beruflichen Neuorientierung, dann erklären Sie, was getan und gelernt haben, in dieser Zeit.  

Was will z. B. die Geschäftsführung auf der ersten Seite Ihres Lebenslaufs lesen und sehen? 

Ihre persönlichen Angaben, also Name, Geburtsdatum, Adresse, Telefonnummer, E-Mail-Adresse, Link zu LinkedIn und XING, sowie ein aussagekräftiges Foto. Gefolgt von einer lückenlosen, chronologisch rückwärts, Auflistung Ihrer Stationen. Beginnend mit Ihrer aktuellen Position bis zurück zum höchsten Schulabschluss. 

Auf der zweiten Seite treffen Sie Aussagen zu Ihrer Persönlichkeit sowie zu Ihren besonderen Erfolgen und Fähigkeiten. Weiterhin zu Auslandserfahrung, Weiterbildungen, Praktika, Nebenjobs, Studium, Ausbildung, Wehr- oder Zivildienst, Sprachen, IT-Kenntnisse, Veröffentlichungen, Führerschein, Interessen, Hobbys. 

Die Angabe von drei Referenzen, im angelsächsischen Raum wichtiger als die Zeugnisse, setzt sich auch im deutschsprachigen Raum immer mehr durch.  

Im Netz gibt es unzählige Vorlagen von Lebensläufen, die zwar „schön“ aussehen, aber allzu oft völlig ungeeignet sind. Die Gefahr, zu einer solchen Vorlage zu greifen, die irgendwie anders ist, die doch wohl unter all den anderen hervorsticht, ist hoch. Auch hier gilt im Zweifel: Weniger ist mehr. Orientieren Sie sich am Apple-Design. Einfach alles Unnötige weglassen, dann ist es gut.  

Ein Bild, das Text, Gerät enthält.

Automatisch generierte Beschreibung

Ihr Foto ist schön, aber nicht aussagekräftig. In aller Regel ist das Foto mit Ihrem schönsten Lächeln und nach vorne gerückter rechter Schulter das falsche. Insbesondere bei Frauen, wenn dann noch eine leicht geneigte Kopfhaltung hinzukommt. Auch hier gilt Vorsicht, denn 98 % aller Fotografen wollen ein schönes Standardfoto von Ihnen machen. 

Fragen Sie sich selbst: Auf was fällt Ihr Blick, wenn Sie eine Bewerbung in der Hand halten – richtig, auf das Foto. 

Fragen Sie sich weiter: Was soll der Empfänger meiner Bewerbung als Erstes denken, wenn er mein Foto sieht? 

Wäre es förderlich, wenn meine Stärken, Fähigkeiten und Charaktereigenschaften auf meinem Foto zum Ausdruck kommen? Sicherlich ja. 

Einige Fotografen reagieren regelrecht beleidigt, wenn Sie mit diesen Anforderungen kommen, weil Sie damit deren Kunstfertigkeit infrage stellen oder einfach nur für mehr Arbeit sorgen. 

Wenn Sie das Foto weglassen, werden Sie gegoogelt. Wie stellen Sie nun sicher, was genau der Empfänger Ihrer Bewerbung als Erstes präsentiert bekommt?  

Die Amazon- oder Google-5-Sterne haben Einzug in den Lebenslauf gefunden, gewissermaßen als eigene Bewertungen der eignen Fähigkeiten. Das sieht bisweilen schön aus, birgt jedoch eine Reihe von Problemen, die ihre Chancen mindern. 

Namhafte Unternehmen, wie etwa BMW oder SAP, erhalten täglich 1.000 und mehr Bewerbungen. 

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Deshalb setzen diese Unternehmen ATS-Software (Applicant Tracking System) ein. Der Erste, der ihre Bewerbung liest, ist also eine Software respektive eine KI. Ist ihr wunderschönes Design jetzt aber nicht KI-konform – Vorsicht Vorlagen – erhalten Sie eine dieser deprimierenden Absagen, statt zur suchenden Führungskraft weitergeleitet zu werden. 

Englisch: ***** ist weder für die KI noch für die Führungskraft aussagekräftig, zumal B2-Niveau immer mehr als Grundvoraussetzung gilt. Nutzen Sie bei Angaben zu Ihren Sprachen den Europäischen Referenzrahmen und schaffen Sie damit klare Aussagen. 

  • Englisch: C1 – verhandlungssicher 
  • Deutsch: C2 – Muttersprache 
  • Spanisch: B1 – gute Sprachkenntnisse 

MS-Office: *** ist fatal. 95 % der Office-Anwender nutzen 5 % oder weniger der vielfältigen Office-Funktionen. Worauf beziehen sich Ihre drei Sterne? Auf die 5 % der gesamten Office-Funktionalität? Weder die suchende Führungskraft noch die KI kann diese Aussage werten, positiv schon gar nicht. 

Wenn Sie keinen allgemeingültigen Maßstab für die Bewertung ihrer Fähigkeiten und Leistung haben, dann verzichten Sie grundsätzlich auf eine (grafische) Selbstbewertung. Nutzen Sie stattdessen Aussagen wie „Umfangreiche Erfahrung in der Anwendung von SAP, Salesforce, Office, (etc.)“. Damit liefern Sie der suchenden Führungskraft und der KI genau die Schlagworte nach denen gesucht wird. Verfügen Sie über Zertifikate, z. B. für SAP oder andere Tools, so erwähnen Sie diese natürlich. 

Die peinlichsten Fehler sind darüber hinaus Rechtschreibfehler und Formatierungsfehler. Im Schnitt enthält eine Bewerbung sieben Fehler. 

Geben Sie Ihr „Werk“, das Sie mindestens 27-mal überarbeitet haben, unbedingt jemand anderem zur Korrektur, oder direkt einer KI. Es gibt eine Reihe guter Tools als Browser-Erweiterung, wie z.B. LanguageTool. 

Wie entsteht nun ein guter Lebenslauf? Immer vom Groben ins Feine.  

Erstellen Sie zunächst ihre umfangreiche Erfolgsdatenbank und extrahieren Sie daraus Ihre aussagekräftige zweiseitigen Bewerbung. Verzichten Sie auf Vorlagen aus dem Netz oder lassen Sie sich höchstens inspirieren. Folgen aber weiterhin der Devise weniger ist mehr. 

Sie benötigen Ihre Erfolgsdatenbank ebenfalls für Ihr Vorstellungsgespräch