Soziale Verwurzelung, soziale Intelligenz und Verantwortlichkeit

Am Ende bleibt der Atem

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Die letzten Monate brachten die Reise auf den Höhepunkt. Wie ich es mir vorgenommen habe, endete sie im wirklichen Surfer´s Paradies. Margaret River. Der abgelegensten Kleinstadt der Welt. Durch Kontakte, die ich auf der Reise gemacht habe, fasste ich relativ schnell Fuß in dem Dorf. Zog nach etwas Zeit im Busch in eine Community und war froh nach 4 Monaten endlich wieder ein Zimmer und ein Bett zu haben in dem ich mich aufrichten konnte.

Ich fand einen Mini-Job bei einem Schreiner. Das überbrückte die 2 Monate, wo wir auf das hinterhältigste von den Arbeitsvermittlungen hingehalten worden sind, um die Weinreben zu schneiden. Eine glorreiche Zeit, entwickelte sich. Zwar wiederholte sich der ganze negative Scheiß den ich erfahren habe nochmal … Verrat, Missachtung und all das, was dazu gehört aber ich wusste besser damit umzugehen. Konsequenter zu sein und die eigene Meinung knallhart zu vertreten. Sich zu schützen und selbst bestimmen, was einem widerfährt. Naja zumindest da wo man es beeinflussen kann. Eine letzte Geschichte an der Terra Inkognita bevor es zurück in das vertraute Deutschland geht. So viel habe ich gelernt, aber diese Erfahrung und das Gelernte daraus wird mich ein Leben lang begleiten, sodass ich mich in jeglicher stressigen Situation an diese zurückerinnern kann und es bereits oft getan habe. Mit dem Resultat, dass ich neue Energie schöpfen kann, um mein Ziel zu erreichen.

Wie nach den meisten Arbeitstagen auf dem Weinfeld, konnten wir es kaum abwarten gemeinsam surfen zu gehen. Eine Crew von 3 bis 8 Leuten, jeglichen Levels, sprach den ganzen Tag darüber wo es warum hingeht. Die Wahl fiel heute auf Indinjup. Für mich und einen Kollegen eine größere Herausforderung, weil die Wellen in unsere schwächere Seite brechen. Wir gingen zu den anderen Surfern ins Wasser und ritten die Wellen. Mittlerweile hatte ich den Plan verworfen an der Olympiade 2025 teilzunehmen, denn die Risiken und der Aufwand dies zu erreichen, würden mit dem Tod enden. Also verbliebe ich mit den viel besseren Gedanken überall auf der Welt surfen zu gehen, wo es geht – mit Bedacht!!!

Der eine Kollege und ich entschieden uns dazu die Gruppe zu verlassen, um die nicht allzu entfernten links brüchigen Wellen zu nehmen. Der Nachteil, das Zurückpaddeln wird um einiges anstrengender, denn wir mussten durch mehrere Fronten zurück. Das funktionierte auch gut, aber wir wollten wieder zurück zu den anderen. Eine Welle noch, die aber anders war als die vorherigen. Ich fiel und wurde von dem Weißwasser mitgenommen.

Ich fiel aber tiefer als sonst und wurde von der Welle unter Wasser gedrückt. Das sonst so lustige Gefühl den Kräften des Wassers unterlegen zu sein und sich treiben zu lassen wich der puren Panik. Ich wurde immer tiefer gezogen und verlor die Orientierung. Ich wusste nicht, wo ich war und die Sekunden verstrichen und ich war den Mächten des Meeres ausgeliefert. Der Gedankengang war wie folgt … wenn du in den nächsten Sekunden nicht an die Luft kommst, ist es vorbei. Ein Film spielte sich ab, ich sah mich und wichtige Momente in meinem Leben plötzlich aufblitzen. Widerstand erweckte in mir und plötzlich wurde mein Körper gegen das Riff am Boden gedrückt. Ich wusste, ich war ganz unten und das gab mir Orientierung.

Ich griff an mein Bein wo die Leine des Surfboards befestigt war. Gleichzeitig zog ich das Board runter und drückte mich von dem Riff ab. Ich durchbrach die Wasseroberfläche und konnte atmen. Ich zog das Board zu mir, hielt mich fest, nahm einen tiefen Atemzug und die nächste Welle preschte auf mich zu. Wie ein Stück Treibholz wurde ich einige Meter mitgenommen. Atmen. Etwas schwächer aber ohne Pause wurde ich von der nächsten Welle überrollt. Atmen. Atmen. Atmen. Das Set war vorüber und ich hatte etwas Ruhe. Atmen. Ich schaute mich um und fand die Orientierung wieder. Ein Horrorszenario für mich, sodass ich mich erstmal entschied mich an den Strand zu retten. Dort saß ich im Sand und starrte auf die Stelle wo ich vor wenigen Minuten, um Atem rang. Schaute raus aufs Meer – bedankte mich für die wertvolle Erfahrung. Stand auf, nickte und ging zurück ins Wasser zu den anderen. Nahm noch einige echt gute Wellen auf meiner schwachen Seite und weiß seit dem Zeitpunkt das ich einfach nur Atmen muss, um voranzukommen. Keine Angst zu haben und egal wie groß der Gegner ist mit Respekt und Vorbereitung an die Sacher heranzugehen.

Ich verbrachte noch einige Wochen in der Kleinstadt und bereite mich auf meine Abreise vor. Nichts konnte mich mehr aus der Ruhe bringen. Die Herausforderungen einer solchen Abreise wurden akzeptiert. So verkaufte ich mein Auto erst 3h bevor ich abflog, da niemand Interesse hatte. Ich freute mich über den Anruf einer Käuferin als ich bereits auf einem Schrottplatz den Preis aushandelte. Das Auto hieß Solide, meine Gefährtin für 32.000km, die mit 328.000km, noch nicht zu Ruhe finden wollte und noch mindestens eine Person unbeschadet von A nach B brachte. Da ich anstatt mit leichtem Gepäck, die Boards noch mitnehmen musste, war ehrlich gesagt der kurze Aufenthalt am Flughafen das anstrengendste.