Lockdown 2.0: Lagerkoller in der Familie im Home Office vermeiden

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kein Lagerkoller im Home Office

Seit dem 02.11.2020 ist Deutschland wieder im Lockdown. Wer kann, arbeitet im Home Office. Viele kennen es schon aus dem ersten Lockdown im FrĂŒhling: Der Platz ist eng und so gerne man seine Familie auch mag, sind alle im Home Office, geht man sich mitunter tierisch auf die Nerven. Selbst mit den liebsten Menschen wird es auf engem Raum irgendwann anstrengend. Was kann man tun, um den sogenannten Lagerkoller innerhalb der Familie zu vermeiden?

Ein hĂ€ufiger Grund fĂŒr MissverstĂ€ndnisse und Spannungen innerhalb der Familie sind Stress und mangelnde Kommunikation. Wenn es an Platz fehlt, gehen einem kleine Probleme schneller mal an die Substanz und eigentlich kleine Streitigkeiten werden durch Stress und DĂŒnnhĂ€utigkeit aufgeblasen.

Tipp #1: Feste Tagesstrukturen schaffen 

Die Schulen und KindergĂ€rten bleiben dieses Mal bis auf weiteres offen, was einige Eltern im Home Office bereits enorm entlastet. Trotzdem ist es wichtig, im Familienverband klare Tagesstrukturen zu schaffen, an denen sich sowohl Kinder als auch Partner orientieren können. Das steigert deine Motivation und hilft dir, Aufgaben ĂŒber den Tag verteilt auch wirklich zu erledigen.

Dazu gehört: 

  • Zeiten fĂŒr die Mahlzeiten festlegen; 
  • Home Office-Zeiten bestimmen, in denen die Kinder nach der Schule z.B. Hausaufgaben erledigen können; 
  • Haushalt und kochen;
  • Zeit fĂŒr sich einplanen;
  • Zeit fĂŒr Sport/Bewegung nehmen;
  • Verbindliche gemeinsame FreizeitaktivitĂ€ten planen. 

Ein fester Tagesplan hilft allen im Haushalt, die Strukturen zu schaffen und gegen das akute GefĂŒhl von Hilflosigkeit anzukĂ€mpfen. Etwas fĂŒr den Tag “geplant” zu haben, gibt einem das GefĂŒhl von Sinn und ein besseres VerstĂ€ndnis der eigenen Aufgaben. Andere Familienmitglieder wissen außerdem, zu welchen Zeiten sie lieber nicht stören sollten. Das kann bereits eine Vielzahl unnötiger Konflikte vermeiden. 

Es kann helfen, den Tagesplan aufzuschreiben und an einem gut sichtbaren Platz, z.B. in der KĂŒche, aufzuhĂ€ngen. Wer kleinere Kinder hat, kann diesen mit Bildern versehen, um ihn visueller und verstĂ€ndlicher zu machen. 

Tipp #2: Aufgaben aufteilen 

Der leidige Haushalt kann im Home Office zum Streitpunkt werden. MĂŒll rausbringen, Geschirr spĂŒlen und Zimmer aufrĂ€umen – Bei der Verteilung der Haushaltsaufgaben kann es schnell knallen. Deshalb ist es umso wichtiger, die Aufgaben im Haushalt verbindlich aufzuteilen, um Spannungen zu vermeiden. Solange jeder weiß, wo die eigenen Aufgaben liegen, entstehen keine MissverstĂ€ndnisse und falsche Erwartungshaltungen.

Am einfachsten geht das mit einem Putzplan. Wem es schwer fĂ€llt, diese Aufgaben eigenverantwortlich zu erledigen, der kann sich durch eine gut sichtbare Liste im Haus anspornen. 

Tipp #3: Bewegung! 

Bewegung ist nicht nur fĂŒr die körperliche, sondern auch fĂŒr die psychische Gesundheit wichtig. Die Bundesregierung gibt hier Empfehlungen, wie viel Bewegung am Tag in welcher Altersstufe empfohlen wird. Wer den ganzen Tag am Computer sitzt, sollte alle 60 Minuten mindestens einmal aufstehen und eine kleine Runde drehen. Stell dir einen Wecker auf dem Handy, steh auf, hol dir ein Glas Wasser oder mach einen Mini-Spaziergang durch die Wohnung. 

Auch wenn Fitnessstudios gerade zu haben, gibt es unzĂ€hlige andere Möglichkeiten, sich wĂ€hrend des Lockdown fit zu halten. FĂŒr Yoga Übungen fĂŒr Zuhause brauchst du weder großartiges Equipment noch spezielle Vorkenntnisse, alternativ ist das Internet voll von HIIT Workouts, die du problemlos online anschauen kannst. Wenn du dich wirklich nicht aufraffen kannst, schnapp dir deine Familie und mach einen großen gemeinsamen Spaziergang nach dem Abendessen. Bewegung ist wichtig fĂŒr alle! 

Tipp: Mach dein Workout Teil deines tĂ€glichen Tagesplans, damit du es auch wirklich durchziehst! 

Tipp #4: Neue FĂ€higkeiten lernen 

Wer viel Zeit im Home Office verbringt, weiß in der Freizeit manchmal nichts mit sich anzufangen. Zwischen Arbeit und entpannen findet kein rĂ€umlicher Wechsel mehr statt, dadurch fĂ€llt es schwer, richtig abzuschalten. Sieh den zweiten Lockdown als eine Chance, etwas Neues zu lernen. Du wolltest schon immer mal anfangen Ukulele zu spielen oder deine Französisch-Kenntnisse wieder auffrischen? Dann ist jetzt der richtige Zeitpunkt damit anzufangen. Hier einige Inspirationen: 

  • Lerne, wie man Sauerteig macht und Brot backt. 
  • Es gibt viele Apps, mit denen du mit nur 10 Minuten am Tag deine Sprachkenntnisse auffrischen kannst. 
  • Probier neue Gerichte aus und ĂŒberrasch deine Familie mit spannenden Kreationen. 
  • Lern ein Instrument. 
  • Lies ein gutes Buch. 
  • Lerne ĂŒber ein Thema, dass dich schon immer interessiert hat, fĂŒr das du aber nie genug Zeit hattest. 

Tipp #5: Zeit fĂŒr sich einplanen 

Es ist wichtig, genug Zeit fĂŒr sich selbst einzuplanen und auf die eigenen BedĂŒrfnisse zu hören. Partner können sich beispielsweise gegenseitig entlasten, in dem einer mit den Kindern spazieren geht, wĂ€hrend der andere Zeit alleine zu Hause verbringen kann. StĂ€ndig von anderen Menschen umgeben zu sein ist KrĂ€fte zehrend und gibt nicht immer genug Raum, sich mit den eigenen GefĂŒhlen auseinander zu setzen. 

Genauso wichtig ist es, bewusst Zeit mit dem Partner einzuplanen. Sei es, dass man sich in der Mittagspause gemeinsam mit einem Kaffee hinsetzt und die Lage bespricht oder abends gemeinsam einen Tee oder ein Glas Wein miteinander trinkt – bewusst Zeit fĂŒreinander zu nehmen zeigt WertschĂ€tzung fĂŒr die andere Person und beugt frĂŒhzeitig Konflikten vor. 

Tipp #6: GefĂŒhle zulassen 

Wut, Stress, Angst, Trauer – jeder von uns reagiert individuell auf diese ungewohnte Situation. Wie du dich im Home Office fĂŒhlst, kann sich ĂŒber den Zeitraum des Lockdowns Ă€ndern. Das ist okay. Wichtig ist, die eigenen GefĂŒhle nicht zu unterdrĂŒcken, sondern sie zuzulassen und zu akzeptieren. Wir sitzen alle im selben Boot und anderen Familienmitgliedern geht es vielleicht Ă€hnlich. Wer damit alleine nicht fertig wird, kann sich einen Coach oder Trainer zur Hilfe nehmen.

Schaffe Zeit und Raum fĂŒr regelmĂ€ĂŸige GesprĂ€che, in denen ihr euch ĂŒber eure GefĂŒhle austauschen und euch gegenseitig RĂŒckhalt und Sicherheit geben könnt. Achte vor allem darauf, mit deinen GefĂŒhlen bei dir selbst zu bleiben und sie nicht auf andere zu ĂŒbertragen. Es ist okay, Frust zu empfinden, aber lass ihn nicht an deiner Familie aus. Entwickelt stattdessen einen respektvollen Umgang miteinander und mit den GefĂŒhlen der anderen. 

Tipp #7: Streit thematisieren 

Es ist ganz normal, dass man sich ab und zu streitet, wenn man so viel Zeit auf so engem Raum verbringt. Gerade deshalb ist es wichtig, Streitthemen direkt anzusprechen und zu klĂ€ren, statt in Wut und Ärger zu schwelgen. Dich hat irgendetwas richtig genervt? Sprich darĂŒber! Die neue Situation erhöht den Alltagsstress und wir fĂŒhlen es alle. Umso notwendiger ist es, ein angenehmes Umfeld im eigenen Zuhause zu schaffen, in dem sich alle wohlfĂŒhlen und zur Ruhe kommen können. Macht es zur Regel, das Konflikte vor dem Schlafen gehen besprochen und nicht mit in den nĂ€chsten Tag genommen werden. 

Tipp #8: Hilfe suchen, wenn nötig 

RĂ€umliche Enge und fehlende RĂŒckzugsmöglichkeiten können zu viel werden. WĂ€hrend des letzten Lockdowns war bereits eine Zunahme hĂ€uslicher Gewalt zu verzeichnen, viele Menschen sind eher geneigt, zu Alkohol zu greifen. Nimm frĂŒhzeitig Hilfe in Anspruch.

An wen du dich wenden kannst: 

  • Nummer gegen Kummer – Telefon-Beratung fĂŒr Kinder, Jugendliche und Eltern 
    116 111 (Kinder- und Jugendtelefon)
    0800 111 0550 (Elterntelefon mit anonymen RatschlÀgen
    Unter www.nummergegenkummer.de gibt es fĂŒr Kinder und Jugendliche eine Online Beratung im Chat (Mi und Do 15 – 17 Uhr, Di und Fr 10 – 12 Uhr)
  • Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ (Beratung in 18 Sprachen) fĂŒr Frauen zu allen Formen von Gewalt gegen Frauen
    08000 116 016
  • Hilfetelefon „Sexueller Missbrauch“
    0800 22 55 530