Wie entsteht aus der Unternehmenskultur eine Vision?

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Resilienz
Resilienz

Um Feel Good Management zum Teil der Unternehmenskultur zu machen, sind im Prinzip zwei Voraussetzungen erforderlich: Zum einen lohnt es sich, einen Blick auf die Erfolgsfaktoren von Feel Good Management zu werfen, zum anderen muss aus der Verankerung in der Unternehmenskultur eine Vision abgeleitet werden. Beide Schritt sind prinzipiell unabhängig voneinander, können aber sehr gut nebeneinander bestehen. 

Gemeinsamkeiten von Firmen mit Feel Good Management

Viele Firmen, die Feel Good Management bereits erfolgreich praktizieren, haben einige Gemeinsamkeiten. Feel Good Management ist überwiegend in jungen Unternehmen zu finden, die sich im Bereich E-Commerce, IT oder digitale Medien einen Namen machen wollen. Sofern etablierte Unternehmen ein Spin-Off gegründet haben, um sich im Bereich Digitalisierung und Innovation neu zu positionieren, sind auch dort Feel Good Manager zu finden. Die Kernkompetenz dieser Firmen besteht meistens in einer wissensbasierten Dienstleistung. Es handelt sich also überwiegend um Betriebe, die ihr Wissen im digitalen Bereich anbieten. In handwerklichen oder gewerblichen Firmen sind bisher so gut wie keine Feel Good Manager eingesetzt. Die große Mehrzahl der Unternehmen, die sich einen Feel Good Manager leisten, sitzt in Deutschland in Berlin. Das wiederum ist nicht weiter verwunderlich, denn Berlin gilt noch immer als ein Mekka für Existenzgründer. Allein im Jahr 2015 waren über 30 Prozent der Start-ups in Berlin ansässig. Hamburg und München sind ebenso wie Köln weitere beliebte Standorte der Wohlfühlmanager. Viele Unternehmen mit Feel Good Managern sind noch nicht sehr lange am Markt, dadurch bestätigt sich der Eindruck, dass Feel Good Management vor allem in Start-ups zu finden ist. Auffallend ist das junge Alter der Mitarbeiter, das im Durchschnitt bei knapp über 30 Jahren liegt. Weitere Gemeinsamkeiten bei diesen Firmen ließen sich in Bezug auf die Organisationsstruktur, auf die Offenheit und auf die Unternehmenskultur feststellen. Auffallend ist weiterhin, dass sich der große Teil der Firmen mit einem Feel Good Manager in einer starken Wachstumsphase unmittelbar nach der Gründung befindet. Diese Phase ist traditionell durch eine große Belastung aller Mitarbeiter gekennzeichnet, in der außergewöhnlich hoher Einsatz gefordert ist. Ein effektives Feel Good Management wird in diesen Unternehmen als ein essenzieller Bestandteil der Unternehmenskultur verstanden, um eine dauerhafte Überforderung mit massiven gesundheitlichen Auswirkungen zu vermeiden. 

Organisationsstruktur und flache Hierarchien

Eng mit der Organisationsstruktur junger Start-ups verbunden sind flache Hierarchien. Sie sind ein zweiter Erfolgsfaktor von Feel Good Management und eine wichtige Gemeinsamkeit vieler Unternehmen mit erfolgreichem Wohlfühlmanagement. Jeder einzelne Mitarbeiter arbeitet sehr selbstständig, Entscheidungen werden gemeinsam getroffen, wo immer dies möglich ist. Kurze Entscheidungswege und schnelle Ausführungen sind weitere Kennzeichen, die diese jungen Firmen ausmachen. Führungspositionen basieren überwiegend auf vorhandenen Kompetenzen, nicht auf einer mit der Position verbundenen Macht, die von der Geschäftsleitung verliehen wird. Die Arbeitsatmosphäre ist gekennzeichnet durch Vertrauen und durch gegenseitige Unterstützung, nicht durch Kontrolle oder verliehene Autorität. 

Akzeptanz durch das Management

Zu einem weiteren Erfolgsfaktor hat sich die Akzeptanz durch das Management und die Führungskräfte entwickelt. Feel Good Management kann nicht von „oben nach unten“ angeordnet werden. Es muss gelebt werden und Tag für Tag erneut im Betrieb praktiziert werden. Es ist unabdingbar, dass Führungskräfte voll hinter diesem Konzept stehen und den Ansatz aus vollem Herzen mittragen. Nur dann sind Mitarbeiter davon zu überzeugen, und nur dann lässt sich aus einer Unternehmenskultur eine Vision ableiten, die jeden Tag gelebt wird. 

Bündelung der Aufgaben

Auch die Bündelung der Aufgabe bei einer Person ist ein wesentliches Kriterium für den Erfolg von Feel Good Management. Der Wohlfühlmanager muss in der Belegschaft bekannt sein, er muss vernetzt sein, und er muss das uneingeschränkte Vertrauen der Mitarbeiter, der Führungskräfte und der Geschäftsleitung genießen. Nur dann ist es möglich, über sensible Themen zu sprechen, die im Berufsalltag immer wieder auftauchen. Außerdem ist es wenig sinnvoll, die Verantwortung dafür auf mehrere Schultern zu verteilen, denn das führt am Ende häufig dazu, dass sich niemand für die Lösungsfindung und die Umsetzung verantwortlich fühlt. Erfolgreiches Feel Good Management braucht ein „Gesicht“, das den Mitarbeitern bekannt ist, nur dann kann es dauerhaft gelebt werden. 

Orientierung an Start-ups

Es gibt also eine Reihe von Faktoren, die ein effektives Feel Good Management begünstigen. Unternehmen, die das Wohlfühlmanagement einführen oder ausbauen wollen, sind gut beraten, sich an den Start-ups zu orientieren, die hier schon viel weiter in der Entwicklung sind. Sind diese Erfolgsfaktoren geschaffen, ist es erheblich einfacher, Feel Good Management im betrieblichen Alltag umzusetzen. Wenn aber Feel Good Management mehr sein will als nur eine Worthülse, muss es außerdem in der Unternehmenskultur verwurzelt sein und von dort in die einzelnen Funktionsbereiche einfließen. Ob Kommunikation, Employer Branding, Konfliktmanagement oder Diversity Management – Feel Good Management muss überall gelebt werden. Das gelingt nur, wenn es in der Unternehmenskultur verankert ist, um von dort in eine Vision heruntergebrochen zu werden. Doch wie entwickelt man aus der Unternehmenskultur eine Vision? 

Eine wirkungsvolle Technik

Um diesen Schritt zu gehen, setzen Start-ups auf eine ebenso einfache wie wirkungsvolle Technik, die auch etablierte Unternehmen in ihrem Repertoire haben: Ein Workshop von Geschäftsleitung und Mitarbeitern – gerne unter Beteiligung eines externen Moderators – ist gut geeignet, um eine gemeinsame Vision entstehen zu lassen. 

Je nach Größe des Unternehmens zieht man alle Mitarbeiter hinzu, alternativ kommt ein repräsentativer Querschnitt über die Belegschaft in Frage. Praktikabel ist zum Beispiel, aus jeder Abteilung ein bis zwei Mitarbeiter auszuwählen, die an einem solchen Workshop teilnehmen. Es ist darauf zu achten, dass alle Abteilungen oder Teams vertreten sind, dass die Altersstruktur und die Qualifikationen gut gemischt sind und dass sich insgesamt ein heterogenes Bild der Teilnehmer ergibt. Damit vermeidet man, dass die Vision am Ende sehr einseitig ausfällt. Außerdem kann man dadurch gut argumentieren, dass an der Entwicklung Mitarbeiter aus allen Bereichen beteiligt waren, was der Akzeptanz in der Belegschaft förderlich ist. 

Raus aus der Routine

Für die Durchführung des Workshops selbst lohnt es sich, die Teilnehmer einen Tag lang aus dem Routinebetrieb zu entlassen. Vielleicht wählt man eine schöne Lokation in der Nähe, wo für Entspannung und Abwechslung gesorgt ist. Es ist wichtig, dass sich die Mitarbeiter einen Tag lang auf etwas ganz anderes konzentrieren können und ihre alltägliche Arbeit einmal hinter sich lassen können. Das macht den Kopf frei, so dass man sich auf eine ganz neue und sicher ungewohnte Fragestellung konzentrieren kann. 

Zur Einstimmung sollte der Moderator dafür sorgen, dass alle Teilnehmer das gleiche Verständnis von der Aufgabenstellung haben. Dazu kann zu Beginn ein kurzer Abriss zum Thema „Feel Good Management“ gegeben werden. Gerade für Mitwirkende, die wenig Erfahrung mit solchen Entwicklungsworkshops haben, ist es ausschlaggebend zu verstehen, was von ihnen erwartet wird. Sie müssen die Fragestellung verinnerlichen und bereit sein, sich auf das neue und unbekannte Terrain zu begeben. Ist die Aufgabenstellung klar und ist verstanden, dass es eine gemeinsame Vision für das zukünftige Feel Good Management zu entwickeln gilt, geht es an die eigentliche Arbeit. 

Von der Unternehmenskultur zur Vision

Je nach Anzahl der Teilnehmer kann man die Gruppe noch einmal in kleinere Untergruppen einteilen. Abhängig von der Aufgabenstellung sollte man auf eine heterogene oder eine homogene Zusammensetzung der Teams achten. Um von der Unternehmenskultur zur Vision zu kommen, ist es zum Beispiel interessant, „Zehn goldene Regeln“ für das Feel Good Management zu entwickeln, die jeder Bereich für sich in Zukunft praktiziert. Das Human Resources Management könnte es sich auf die Fahne schreiben, sich um gezielte Weiterbildungsprogramme für Mitarbeiter zu kümmern und die gesamte Belegschaft jedes Jahr auf mindestens eine Veranstaltung zu schicken. Das Gesundheitsmanagement könnte sich zum Ziel setzen, eine zusätzliche augenärztliche Untersuchung auf Firmenkosten anzubieten. Die Führungskräfte könnten sich dazu verpflichten, einmal monatlich mit jedem Mitarbeiter zu sprechen, um herauszufinden, wo gerade der Schuh drückt. So wird für jeden einzelnen Bereich ein Leitfaden entwickelt, der dazu dient, die häufig vage und wenig greifbare Idee des Feel Good Managements in die tägliche Praxis zu überführen. Wichtig ist, dass man darauf achtet, alle Regeln so konkret wie möglich zu formulieren. Am besten hinterlegt man sie mit Zahlen, Daten und Fakten, um die spätere Ausführung so leicht wie möglich zu machen. Je einfacher die zehn Regeln formuliert sind, desto effektiver ist übrigens auch die Erfolgskontrolle. Nur messbare Ziele lassen sich sinnvoll überwachen und in der Ausführung kontrollieren. Deshalb sollte man bei der Formulierung der Regeln sorgfältig darauf achten, so konkret und detailliert wie möglich zu arbeiten.