Warum führt die Positive Psychologie zu einem glücklichen Leben?

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Chris Ley Motivationstrainer & Keynote Speaker

Eine erste Definition der „Positiven Psychologie“ wurde schon im Jahr 1954 von dem bekannten Psychologen Maslow geliefert. In den 1990er Jahren nahm Martin Seligman, seines Zeichens ebenfalls ein Psychologe aus den USA, das Thema erneut auf. Nach der Positiven Psychologie sind Glück, Geborgenheit, Optimismus, individuelle Stärken, Vertrauen, Verzeihen und Vergeben, aber auch Solidarität und andere positive Interpretationen des menschlichen Daseins ein Grundpfeiler für ein glückliches und erfülltes Leben. Experten gehen davon aus, dass sich aus diesem Ansatz eine Strömung oder im besten Fall eine Schule der Psychologie entwickeln könnte. Sie steht damit im Kontrast zu der traditionellen und eher defizitorientierten Psychologie. 

Die 6 Tugenden der Positive Psychologie

Anders als die defizitär geprägte klassische Psychologie setzt die Positive Psychologie an der Erforschung der Einflussfaktoren an, die das menschliche Wesen stärken, die sein Wohlbefinden erhöhen und die damit sein Leben insgesamt lebenswerter gestalten. Im Fokus stehen zum Beispiel die Erforschung von positiven Gefühlen und Charakteren. Die Forscher Martin Seligman und Christopher Peterson identifizieren auf der Basis ihrer Studien sechs menschliche Tugenden und ordnen ihnen 24 positive menschliche Eigenschaften zu. Diese sechs Tugenden sind kognitive Stärken wie Wissen und Weisheit, emotionale Stärken wie Courage, interpersonale Stärken wie Menschlichkeit, zivile Stärken oder Gerechtigkeit, Mäßigung als die Stärke, sich gegen Übertreibung zu schützen und Transzendenz mit der spirituellen Stärke. Interessant werden diese sechs Tugenden, wenn man sich einige der positiven menschlichen Eigenschaften ansieht, die damit in Verbindung gebracht werden. Zu kognitiver Stärke gehören zum Beispiel Kreativität und Aufgeschlossenheit oder Neugier, zur emotionalen Stärke zählt man unter anderem Beharrlichkeit, Integrität oder Vitalität. Menschlichkeit lässt sich in Liebe und sozialer Intelligenz finden, Gerechtigkeit spiegelt sich in sozialer Verantwortung, aber auch in Fairness und Führungsstärke. Vergebung, Bescheidenheit, Demut oder Besonnenheit sind Aspekte der Mäßigung, zur Transparenz tragen die Wertschätzung von Schönheit, aber auch Dankbarkeit und Hoffnung bei. Die Positive Psychologie findet heute zum Beispiel bei vielen Leadershipkonzepten Anwendung. 

Praxisbezug des Begriffs Glück

Schaut man sich den Praxisbezug der Positiven Psychologie an, wird ein interessanter Aspekt deutlich. Ende der 1990er Jahre fanden Forscher heraus, dass die Psychologie bis dahin vorrangig mit der Erforschung von negativen Gefühlen beschäftigt war. Mit dem Phänomen des Glücks haben sich nur ganz wenige Untersuchungen auseinandergesetzt. Doch schon damals war klar, dass glückliche Menschen erfolgreich sein, dass sie sich besser fühlen und gesünder sind – und das sie damit auch länger leben. Glück konnte so etwas wie ein Allheilmittel bei ganz unterschiedlichen Beschwerden sein, wenn man es nur richtig nutzt! Deshalb haben immer mehr Psychologen versucht, diese Emotion in ihre Behandlungen einzubeziehen. Bis heute geht die moderne Forschung davon aus, dass sich Depressionen durch ein gesteigertes Glücksempfinden lindern lassen und dass glückliche Menschen stabilere Beziehungen führen, dass sie gesünder sind, effektiver arbeiten und im Beruf erfolgreicher sind. So entstand Schritt für Schritt der Forschungszweig der Positiven Psychologie. Vereinfacht gesagt setzt er nicht an der Schadensbegrenzung an, sondern an der Maximierung von Glücksgefühlen! In der psychologischen Praxis bedeutet das, dass man Patienten nicht dazu anhält, eine schwierige persönliche Situation immer wieder zu erleben, indem man sie im Gespräch thematisiert, sondern indem man positive Gefühle erzeugt und dadurch zu mehr Ausgeglichenheit, innerer Ruhe und Stärke verhilft. 

Menschen brauchen immer neue Herausforderungen

Ein Vorreiter der Positiven Psychologie war Mihaly Csikszentmihalyi, seines Zeichens ebenfalls Psychologe. Er ist als der Entdecker des berühmten Flowkonzepts bekannt. Er fand heraus, dass sich ein Mensch besonders glücklich fühlt, wenn er mit seiner Aufgabe verschmilzt, wenn er dabei die Zeit vergisst und wenn die äußeren Anforderungen und die persönlichen Fähigkeiten in einer Balance stehen. Diesen Zustand bezeichnet er als „Flow“. Ausschlaggebend ist, dass sowohl die Anforderungen als auch die Kompetenzen in einem Gleichgewicht sind, jedes Ungleichgewicht verhindert, dass Flow entsteht. Aus diesen Ergebnissen folgte die Forderung, dass das gesamte Leben am besten so organisiert werden soll, dass ein Mensch vor immer neuen Herausforderungen steht, ohne dabei aber überfordert zu sein. Flow ist nicht auf das Privatleben begrenzt, er lässt sich sehr gut im Berufsleben erzeugen. 

Gewissenheit bringt Durchhaltevermögen

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt der Positiven Psychologie ist die Frage nach den Charaktereigenschaften, die sich förderlich auf ein großes Glücksempfinden auswirken. Danach scheinen ein extrovertiertes und geselliges Wesen, aber auch Gewissenhaftigkeit, ein hohes Durchhaltevermögen und ein insgesamt positives Selbstbild dazu geeignet sein, das Glücksgefühl zu verstärken. 

In eine ganz ähnliche Richtung geht das Konzept der „Reiss Motivation Profile“. Es wurde von dem US-amerikanischen Psychologen Steven Reiss entwickelt. Ausgangspunkt seiner Untersuchungen war die Frage „Wer bin ich?“. In vielen Studien fand er heraus, dass sich jedes menschliche Verhalten auf eines von 16 Motiven zurückführen lässt. Aus diesen 16 Motiven entwickelte er ein diagnostisches Verfahren, mit dessen Hilfe man eine Persönlichkeitsanalyse durchführen konnte. Die Reiss Motivation Profile sind bis heute ein Ansatz zur Einordnung des menschlichen Verhaltens. 

Nach Reiss gibt es 16 Motive, die Einfluss auf unser ganzes Leben haben. Sie wollen unserem Leben Sinn geben und sind bei jedem Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. Zu diesen 16 Motiven gehören Unabhängigkeit, Macht, Anerkennung, Neugier, Sparen, Ehre, Ordnung, Idealismus, Beziehungen, Familie, Status, Eros, Rache, körperliche Aktivität, Ruhe und Essen. Natürlich ist jeder Mensch individuell, und er handelt nicht immer ohne Widersprüche. Trotzdem ist es für das menschliche Miteinander ganz essenziell, die eigenen Motive und auch die Motive unserer Mitmenschen zu verstehen, denn dadurch lässt sich das Zusammenleben ebenso wie die Zusammenarbeit enorm erleichtern. Das Wissen um die Motive der anderen macht es uns leichter, jemanden zu akzeptieren, der vordergründig ganz anders denkt und handelt als wir selbst. 

Klarheit der Persönlichkeit

Mit Hilfe der Reiss Motivation Profile findet man heraus, welche Motive unter der Oberfläche des menschlichen Verhaltens verborgen sind. Man sucht damit im Prinzip nach den Motoren, die der Antrieb für unser Handeln und unser Verhalten sind. Steven Reiss geht übrigens davon aus, dass mindestens 14 seiner Motive genetisch bedingt sind. Sie basieren also auf einem evolutionären Ursprung und werden im Lauf der Zeit von Kultur, Glauben und Erfahrungen beeinflusst. Jeder Mensch hat so etwas wie ein eigenes Motivationsprofil. Das bedeutet, jedes der 16 Motive ist bei ihm vorhanden, ist aber unterschiedlich ausgeprägt. Reiss unterscheidet außerdem nach zwei Arten des Glücks. Die „Feel Good Happiness“ – das Wohlfühlglück – steht für Menschen, die schnell ein gutes Gefühl herstellen wollen und die darin einen Sinn finden. Die „Value Based Happiness“ ist eher ein „wertorientiertes Glück“, es bedeutet, dass man den Sinn seines Handelns finden will und sein Leben in Übereinstimmung mit seinen eigenen Werten leben will. Im Ergebnis plädierte der Psychologe vor allem für eines: Toleranz ist eine wichtige menschliche Eigenschaft, denn sie erlaubt uns, Menschen mit anderen Gedanken und Gefühlen zu akzeptieren und anzunehmen, ohne darüber zu urteilen. 

Sowohl die Positive Psychologie als auch die Reiss Motivation Profile sind moderne Ansätze, mit denen die Wissenschaft heute arbeitet. Interessant werden sie, wenn man sie miteinander in einen Zusammenhang bringt und eine Verbindung zum ganzheitlichen Konzept des Feel Good Managements herstellt. 

Was Menschen glücklich macht

Die Positive Psychologie untersucht im Grunde, was Menschen glücklich macht. Sie basiert auf der Erforschung menschlicher Gefühle in ihrer positiven Ausprägung. Um sich glücklich zu fühlen, sind offenbar besondere Eigenschaften sehr hilfreich. Dazu gehören beispielsweise Kreativität, Neugier, Beharrlichkeit, Vitalität, Gerechtigkeit, Fairness oder Führungsstärke. Das aber wiederum sind Eigenschaften, die man im Berufsleben sehr gut gebrauchen kann und die es uns leichter machen, Spaß bei der Arbeit zu haben. Folgt man dem Ansatz der Positiven Psychologie, sind diese Merkmale im menschlichen Verhalten wichtig für ein optimales Miteinander im Beruf und in der Zusammenarbeit. Die genannten Eigenschaften sollen es erleichtern, den so häufig zitierten „Flow“ zu erreichen, in dem Menschen in ihrer Begeisterung auch großer Belastung standhalten und über einen langen Zeitraum Topleistungen bringen. Wenn es also gelingt, im Berufsleben diesen Zustand des „Flow“ zu erreichen, setzen sich Mitarbeiter mit ihrer ganzen Energie für das Unternehmen ein, weil sie es gerne tun. Diese Begeisterung kennt man häufig nur von Selbstständigen, die Tag für Tag voller Motivation für ihr eigenes Unternehmen und ihre eigenen Gewinne arbeiten. Bei einem Arbeitnehmer verhält es sich allerdings anders, denn auch bei größten Engagement arbeitet er letztlich nur für die Gewinne seines Unternehmens. Ist dieser Zustand des Flows zu erreichen und kann man ihn auf Dauer aufrecht erhalten, ist das ein enormer Vorteil für die Wettbewerbsfähigkeit eines gesamten Unternehmens. So trägt jeder einzelne Mitarbeiter durch seine begeisterte Arbeit letztlich dazu bei, dass sich eine Firma optimal gegen die Konkurrenz durchsetzt und am Markt behauptet. Durch die Konzentration auf die Positive Psychologie könnten sich viele Unternehmen also deutlich besser am Markt aufstellen. Sie könnten sich besser positionieren, sie hätten geringere Krankheits- und Ausfallkosten und sie könnten die Konkurrenz weit hinter sich lassen. 

Ursachen des menschlichen Handelns

Betrachtet man dann noch die Ursachen für das menschliche Handeln in Sinne der Reiss Motivation Profile, lässt sich jede Aktion, jedes Tun und Unterlassen zu einem der 16 Motive zuordnen. Viele davon lassen sich optimal im beruflichen Umfeld ansiedeln. Ob man nun unabhängig arbeiten will oder nach einer bestimmten Macht und Anerkennung strebt, ob man neugierig auf immer neue Aufgabe ist oder ob man bemüht ist, das Geld des Arbeitgebers zu sparen, ist im Prinzip zweitrangig. Viele dieser 16 genannten Motive findet man Tag für Tag als Auslöser unseres Handelns im Berufsleben wieder. 

Sowohl die Positive Psychologie als auch die Reiss Motivation Profile bergen Ansatzpunkte für das moderne Feel Good Management. Unternehmen, die ein Feel Good Management in ihrer Kultur verankert haben, nutzen die wegweisenden Ergebnisse der Positiven Psychologie und der Reiss Motivation Profile und richten ihre gesamte Kultur danach aus. Der Persönlichkeitsentwicklung des einzelnen Mitarbeiters kommt dabei eine zentrale Bedeutung zu.