KI im Bewerbungsprozess: Ist Ihre Bewerbung KI-konform?

Digitale Bewerbung & KI im Bewerbungsprozess

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KI im Bewerbungsprozess
KI im Bewerbungsprozess

Lässt der Türsteher Sie rein? Für die meisten Bewerber dürfte „Applicant Tracking System“ (ATS) eher unbekannt sein. Diese Programme sind ein erster Filter im Bewerbungsprozess. In vielen Unternehmen sortiert diese Software Bewerbungen automatisch aus, so wie der Türsteher vor den Clubs in New York die Gäste.

Die Zeit der Bewerbungsmappe, im farbigen Karton und kompliziert gefaltet, ist endgültig vorbei.

Heute entscheidet eine KI im ersten Schritt, ob Sie eingeladen werden oder ein automatisch generiertes Standardabsageschreiben erhalten. Alles, ohne dass sich ein menschliches Auge Ihre Bewerbung angeschaut hat.

So wie der Wurm dem Fisch schmecken muss – und nicht dem Angler, so muss die Bewerbung für den Algorithmus verdaubar sein. Der erfolgreiche Angler weiß das, der moderne Bewerber auch.

Künstliche Intelligenz (KI oder AI für Artifical Intelligence) wird unser Leben so schnell und so umfassend durchdringen wie das Smartphone, als es 2008 die Szene betrat.

Digitaler Darwinismus

Einer Befragung der Berliner Recruiting-Plattform Taledo zufolge nutzen 37 der 50 umsatzstärksten Unternehmen Deutschlands schon heute ATS-Software im Bewerbungsprozess, Tendenz steigend. Bei den 50 Top-Start-ups nutzen fast alle diese Softwaresysteme. 

Hören Sie dazu den Podcast „Stimmig zum Traumjob“ mit Taledo COO Mengühan Ünver.

Zugleich ergab eine Umfrage des Branchenverbands Bitkom im Jahr 2020 unter 600 deutschen Unternehmen, dass nur sechs Prozent KI im Recruiting einsetzen.

Auch 43 Prozent der Bewerber lehnen KI in Bewerbungsprozessen grundsätzlich ab oder eher ab. So das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage, die YouGov im Auftrag der Stellen-Suchmaschine Indeed durchgeführt hat.

Deutschland hinkt nicht nur kräftig hinterher, es bildet sich auch eine Zweiklassengesellschaft. Die der „digitalen Verweigerer“ und die der „digitalen Profiteure“. 

Sowohl bei den Unternehmen als auch bei den Bewerbern.

Die „Candidate Experience“

Porsche hat im Jahr 2018 rund 160.000 Bewerbungen erhalten. Bei 220 Arbeitstagen sind das 728 Bewerbungen pro Tag, die bewältigt werden wollen. Bei nur drei Minuten pro Bewerbung sind das 40 Personenstunden pro Tag. Ohne Software ist die angestrebte Qualität im Bewerbungsprozess zu halten.

Denn gerade die „Candidate Experience“ spielt bei den Unternehmen eine immer größere Rolle, die den Fachkräftemangel verstanden haben.

Die „Customer Experience“ positiv zu gestalten ist bei den Unternehmen angekommen, wenn auch bei vielen noch nicht umgesetzt. Bewertungsportale nötigen Unternehmen nahezu, die Erfahrungen eines Interessenten auf dem Weg zum Kunden positiv zu gestalten.

Bei Bewerbungsprozessen gibt es ebenso manche Tücken, über die sich Bewerber ärgern. Umständliche Bewerbungsverfahren, langsame oder keine Rückmeldungen sind nur zwei der Gründe, warum Bewerber sich vom Unternehmen abwenden.

Aber auch Bewertungsportale wie Kununu oder Glassdoor zwingen Unternehmen dazu, die Erfahrungen, die ein Bewerber mit dem Unternehmen macht, als angenehm zu erleben.

Unternehmen, die verstanden haben, dass sie auf gute Bewerber angewiesen sind, handeln statt zu warten. Es gilt aus der Flut der Bewerber genau diejenigen herauszufiltern, die zum Unternehmen passen. Gleichzeitig müssen die 99,9 % Bewerber, die abgelehnt werden, genauso freundlich, zügig und professionell behandeln werden.

Wer Employer Branding ernst meint, kommt nicht umhin, diesen Prozess zu automatisieren. Deshalb lagern fortschrittliche kleine und mittlere Unternehmen (KMU) Ihr Recruiting an Dienstleister aus. Meist sind sie weder finanziell noch technisch oder personell in der Lage, den Bewerbungsprozess so professionell zu führen, wie es erforderlich ist.

SEO oder BEO?

Jede Webseite, die gefunden werden will, muss mit Methoden zur Suchmaschinenoptimierung (SEO) aufgebaut werden. Jede Bewerbung, die ein „Gesicht in der Menge“ bekommen möchte, ebenso – „Bewerbung Engine Optimization“ (BEO). „Machine readability“ heißt das Zauberwort. Die Maschine muss die Bewerbung lesen, nicht der Sachbearbeiter und dabei alle relevanten Informationen extrahieren können.

Relikte aus der analogen Zeit, ansprechend gestaltet und schön fürs Auge, sind untauglich für die KI. Bei nicht durchdachten Bewerbungsdesigns besteht ein zu hohes Risiko automatisiert aussortiert zu werden.

Statt: „Englisch – fließend in Wort und Schrift“ oder „Englisch *****“ ist „Englisch: C2 Proficient“, für die Maschine eindeutig interpretierbar.

Welche Buzzwords (Schlagworte) sind in einer Branche oder Position üblich? Welche Fähigkeiten und Erfahrungen erforderlich und gesucht?

Geben Sie der KI was sie lesen will. An diesem Prinzip hat sich nichts geändert.

Auch daran hat sich nichts geändert: „Erzählen Sie nicht, wo Sie waren, erzählen Sie was Sie gemacht haben!“

Bewerben mit dem LinkedIn-Profil

Immer häufiger ist zu lesen: „Bewerben Sie sich mit Ihrem LinkedIn-Profil oder XING-Profil“, dann ist offensichtlich, dass eine Software im Einsatz ist. Auch wenn der Lebenslauf mühevoll in ein Bewerbungsportal übertragen werden muss, ist klar, dass eine maschinelle Verarbeitung erfolgt.

Der doppelte Verkaufsprozess

Der überwiegende Teil der Bewerber fremdelt mit der Tatsache, dass Bewerben gleich Verkaufen ist. Dabei ist in Bewerbung das Wort „werben“ sehr präsent. Sie stellen Ihr Produkt auf dem Markt zum Kauf aus und werben dafür. Das Produkt sind Sie und der Markt ist der Arbeitsmarkt. Je besser die Werbung, umso schneller ist das Produkt verkauft und der beste Preis erzielt.

Die Bewerbung ist allerdings ein doppelter Verkaufsprozess. Wieso doppelt? Weil sich auch das Unternehmen für den Bewerber attraktiv macht, machen muss. Es ist wie bei der Partnerwahl, bei müssen einander umwerben. Aus diesem Blickwinkel betrachtet kann der Bewerbungsprozess doch noch interessant werden.

Play to win!

Wer in den Bewerbungsprozesse einsteigt sollte handeln wie ein Olympiasportler und alles tun und alles geben für den Sieg. Denn, es gibt in diesem Spiel keine Silbermedaille.

“The winner takes ist all!”

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AlphaGo 

Die Dokumentation AlphaGo beshäftigt sich nach dem Sieg einer KI über den mehrfachen Go-Meister Lee Sedol 2016 mit der Frage, was uns Künstliche Intelligenz über Menschlichkeit sagen kann.

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Webinar: Ich will (m)einen Traumjob!

Das Deutsche Institut für Normung (DIN) hat mit der „DIN SPEC 91426“ Standards für den Umgang mit KIs in der video-basierten Personalauswahl gesetzt. Sie soll als Leitfaden für Unternehmen dienen, die KI-Prozesse in Bewerbungen einsetzen oder entwickeln.