Jeder Zusammenhang im Leben, sei das im beruflichen oder im privaten Bereich, hat eine Ursache. Diese Ursache löst bestimmte Auswirkungen aus, die wir aber mithilfe von kritischem Denken unterschiedlich interpretieren können. Das Prinzip der Aktion und der darauf folgenden Reaktion ist uralt. Wir kennen es zum Beispiel aus dem Tierreich. Kein Tier ist von sich aus böse. Es mag zwar böse wirken, wenn zum Beispiel ein Löwe eine Antilope reißt und ihr Junges alleine auf der Welt zurückbleibt. Allerdings hat der Löwe in diesem Moment lediglich auf den Reiz reagiert, dass sich Futter direkt vor seiner Nase befand. Alles im Leben ist Ursache und Auswirkung
Der berufliche Kontext
Genauso hat jedes Problem im Büro, mit deinem Vorgesetzten oder innerhalb eines Teams eine Ursache. Dein subjektives Denken würde dich dazu verleiten, emotional zu reagieren. Fühlst du dich ungerecht behandelt? Dann wirst du mit Frust und Trotz reagieren. Fühlst du dich übergangen? Dann schwindet deine Motivation. Diese Emotionen resultieren aus ungefilterten, nicht gesteuerten Gedanken. Kritisches Denken ist unser Tool, um dem entgegenzuwirken. So können wir gezielt die Auswirkung einer Ursache kontrollieren.
Du hast nicht hinterfragt, welche Aktion diese Situation ausgelöst hat, sondern zugelassen, dass deine Emotionen Gedanken auslösen. Diesen Gedanken glaubst du. Du bewertest lediglich die Reaktion. Mithilfe kritischen Denkens wird es dir möglich, die Subjektivität aus diesen Situationen zu streichen und stattdessen analytisch nach der Ursache dieser ungewollten Sachverhalte zu suchen. Mithilfe der Methoden des kritischen Denkens kannst du aufdecken, wo die Ursachen liegen, denn oft sind sie auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Das ist ein kleiner erster Erfolg, den du schon früh verbuchen kannst, wenn du mit dieser analytischen, hinterfragenden Denkweise an ein Problem herangehst. Kurz gesagt: Kritisches Denken kann ein Gamechanger sein.
Beispiel:
Simone und Lea haben beide auf eine Beförderung gehofft. Nun wurde aber bekannt gegeben, dass ihre Kollegin Anna die ausgeschriebene Stelle der Teamleitung bekommen hat. Beide Frauen sind zunächst enttäuscht, denn sie haben sich beide gute Chancen ausgerechnet und gehören schon sehr lange zum Unternehmen.
Simone reagiert zunächst emotional und ist enttäuscht.
Sie sucht das Gespräch zu ihren Vorgesetzten und möchte die Gründe erfahren. Dieser beantwortet ihr alle Fragen ehrlich und verschweigt dabei auch nicht, dass er sich in ihrem Fall unsicher war, weil sie nicht immer mit jedem im Team gut zurecht kam. Er entschied sich gegen sie, da er der Meinung war, einen Teamleiter zu brauchen, der mit jedem arbeiten kann.
Lea hingegen ist ebenfalls enttäuscht.
Sie sucht allerdings nicht das Gespräch zum Vorgesetzten, sondern denkt für sich alleine über die Entscheidung nach. Sie wünscht sich eine Beförderung, doch nun ist sie sicher, dass sie diese in diesem Unternehmen so schnell nicht bekommen wird. Deswegen sucht sie frustriert nach anderen Stellen und fängt an, sich auf diese auch zu bewerben.
Simone macht sich in dieser Zeit intensiv Gedanken darüber, warum ihrem Chef auffiel, dass es im Team mit ihr nicht immer glatt lief.
Ihr fallen verschiedene Situationen ein und sie hinterfragt, ob sie selbst anders auf diese hätte reagieren können. Sie stellt sich immer wieder die Frage: „Warum habe ich genau so reagiert? Wäre es anders zielführender und besser gewesen?“ Sie nutzt diese Zeit des intensiven Nachdenkens, um ihr eigenes Verhalten zu reflektieren, und wendet ihre Erkenntnisse künftig in der Zusammenarbeit mit den Kollegen an.
Ihrem Chef fällt das natürlich auf, denn die Kollegen arbeiten viel lieber mit Simone zusammen und merken auch dem Chef gegenüber an, dass sich etwas verändert hat. Die Leistungen der Arbeitsgruppen, in denen Simone beteiligt ist, fallen gut aus. Simone versucht gleichzeitig, viel von ihrer neuen Teamleiterin Anna zu lernen. Sie hinterfragt deren Arbeitsweise und übernimmt Bestandteile daraus, die positiv auffallen und Die sie als produktiv achtet. Dadurch baut sie sich ein gutes, vertrauensvolles Verhältnis zu Anna auf.
Anna schlägt dem Bereichsleiter schließlich vor, dass es sinnvoll wäre, für sie eine Vertretung zu bestimmen.
Sie verrät ihm im Vertrauen auch, dass sie seit sechs Wochen schwanger ist und nach der Geburt ihres Kindes gerne mindestens ein Jahr in Elternzeit gehen möchte. In diesem Jahr braucht sie eine Vertretung. Dabei schlägt sie Simone vor, denn diese wollte sich ohnehin auf die Teamleiter-Stelle bewerben und hat viel direkt mit Anna zusammen gearbeitet. Sie kann sie leicht ersetzen. Inzwischen kommt Simone sehr gut mit jedem im Team zurecht, während ihre Mitbewerberin Lea ihre ursprüngliche Motivation noch nicht wiedergefunden hat. Sie bewirbt sich weiterhin auf Stellen in anderen Unternehmen, hofft allerdings auch, dass Anna einen Fehler macht und die Stelle wieder frei wird, sodass sie sich ein weiteres Mal darauf bewerben kann. Dieses Mal wird die Stelle nicht ausgeschrieben, sondern direkt an Simone vergeben.
Simone hat es trotz einer emotionalen Ausgangslage geschafft, die Ursache analytisch zu betrachten. Sie hat die Situation als Chance erkannt, sich selbst weiter zu entwickeln und zu lernen. Es war nicht leicht, die Enttäuschung abzulegen und über den eigenen Schatten zu springen, aber es hat sich für sie gelohnt. Das hat sie schließlich in die Lage versetzt, doch noch ihr Ziel zu erreichen, wenn auch auf einem anderen Weg als ursprünglich von ihr geplant. Ursache und Auswirkungen können also so oder so verlaufen.