Tabuthema Psyche: Wie du als Arbeitnehmer damit umgehen kannst

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Psyche

Musstest Du dich schon einmal aufgrund einer psychischen Erkrankung krankschreiben lassen? Damit bist du nicht alleine. Es geht dir wie 18 Millionen Menschen in Deutschland, die mit einer psychischen Erkrankung leben. Es kann jeden treffen und eine psychische Belastung beeinträchtigt nicht nur den Alltag, sondern kann auch das Berufsleben massiv beeinflussen.

Denn sie stellen laut der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (dgppn) mittlerweile die zweithäufigste Ursache für Krankheitstage im Beruf dar. Zwischen 2009 und 2019 hat sich in Deutschland die Anzahl der Fälle von Arbeitsunfähigkeit, die auf psychische Erkrankungen zurückgehen, um 30,6 Prozent erhöht.

Hohe Anforderungen im Arbeitsalltag können psychische Belastungen begünstigen

Diese Entwicklung kommt nicht von ungefähr. Denn die Anforderungen der heutigen Arbeitswelt begünstigen die Entstehung psychischer Herausforderungen. Als Arbeitnehmer musst du mit zunehmendem Leistungs- und Termindruck, Konkurrenzdenken, hohem Arbeitsaufkommen, Überstunden und einer Flut von E-Mails zurechtkommen. Das schlägt verständlicherweise häufig aufs Gemüt, erzeugt Stress und kann sich nicht zuletzt in einem Burn-out niederschlagen. Gefeit davor ist niemand. 

Psychische Erkrankungen – für Außenstehende oft nicht nachzuvollziehen

Höchste Zeit also, dass der Gedanke einer psychischen Gesundheit verstärkt in das Bewusstsein von Arbeitgebern rückt. Doch noch immer gelten psychische Belastungen vor allem im Arbeitskontext als Tabuthema. Das liegt nicht zuletzt daran, dass körperliche Beschwerden greifbarer sind als Mentale. Was man sehen kann, ist leichter verständlich – auch für deinen Arbeitgeber: Ein gebrochenes Bein beispielsweise ist für jeden sichtbar und damit auch als Krankheitsgrund gut nachvollziehbar. Die Depression oder der Burn-out dagegen, spielen sich im Inneren ab und sind für Außenstehende unsichtbar.

Der Arbeitgeber ist in der Pflicht

Wenn du selbst mit einer psychischen Erkrankung lebst oder dich oft niedergeschlagen fühlst, kennst du die Herausforderungen, die auch den Arbeitsalltag betreffen. Sicher hast du dir dann bereits Gedanken darüber gemacht, wie du mit dieser Situation gegenüber deinem Arbeitgeber umgehen sollst. Wahrscheinlich teilst du mit vielen Anderen die Befürchtung, als „schwach, „zu wenig belastbar“ oder gar „faul“ abgestempelt zu werden, wenn du dich krankmeldest. Viele Arbeitnehmer schleppen sich deshalb trotz psychischer Beschwerden zur Arbeit. Die Folge ist deutlich zu spüren: Deine Leistungsfähigkeit nimmt ab, die seelische Belastung dagegen immer weiter zu. Um diesen Teufelskreis zu durchbrechen, ist auch dein Arbeitgeber gefragt.

Denn die Gesundheit, zu der eben auch das mentale Wohlbefinden zählt, ist Grundlage dafür, dass du als Mitarbeiter einen guten Job machen kannst. Deshalb muss du es nicht als unangenehm empfinden, wenn dein Arbeitgeber dir unter die Arme greifen möchte. Ganz im Gegenteil: Jeder Mitarbeiter sollte bestmöglich unterstützt werden. Immerhin hat auch dein Arbeitgeber etwas davon, wenn es dir gutgeht. Denn glückliche Mitarbeiter sind häufig auch gesunde Mitarbeiter, die motiviert sind und ihre Leistung voll abrufen können.

Psychische Gesundheit als Baustein zum  betriebliche Gesundheitsmanagement

Natürlich haben Unternehmen nicht die Möglichkeit, allen Ursachen psychischer Herausforderungen entgegenzuwirken. Doch besonders auf arbeitsbedingte Auslöser können sie Einfluss nehmen und die Rahmenbedingungen im Job für dich so positiv wie möglich gestalten. 

Die gute Nachricht ist: Deutsche Arbeitgeber schenken dem Thema bereits stärkere Aufmerksamkeit als noch vor einigen Jahren. Wie können die Dimensionen einer psychischen Gesundheit Einzug in das betriebliche Gesundheitsmanagement finden?! Nicht zuletzt, weil auch Regierungen entsprechende Offensiven und Kampagnen starten, um Menschen mit psychischen Erkrankungen zu unterstützen, bewegt sich etwas. 

So initiierte Kanada bereits 2013 im Rahmen einer Kampagne die Aktion „Heute bin ich nicht ich selbst“, um Mitarbeiter für das Thema psychische Erkrankungen zu sensibilisieren und diese aus der tabuisierten Ecke herauszuholen. Dieses Ziel verfolgte auch die Schweiz mit einer Kampagne, die zwischen 2013 und 2018 das Tabuthema Psyche auf die gesellschaftliche Agenda hob. Die Bundesregierung plant ebenfalls eine „Offensive Psychische Gesundheit“, um für mehr Offenheit im Umgang mit Stress und seelischen Belastungen zu sorgen.

Eine „Psychische Belastung“ darf kein Tabuthema in der Arbeitswelt sein

Es tut sich also etwas. Doch das kann erst der Anfang sein. Gezielte Präventionsmaßnahmen, Techniken zum Stress-und Zeit-Management, eine positive Arbeitsumgebung sowie Angebote für Mitarbeiter, die sich in psychisch belastenden Situationen befinden, sollten in jedem Unternehmen großgeschrieben werden. Nicht zuletzt müssen Führungskräfte und Mitarbeiter sensibilisiert werden, damit psychische Erkrankungen im Arbeitsleben endlich genauso behandelt und anerkannt werden wie körperliche Beschwerden.

Fest steht: Arbeitgeber müssen sich noch weiter öffnen und das Tabuthema Psyche konsequent verfolgen. Ein betriebliches Gesundheitsmanagement muss entsprechend aufgebaut und die Personalabteilung geschult werden. Dann kann das Thema der mentalen Gesundheit einen echten Diskurs in Unternehmen entfachen; es können entsprechende Präventions- und Unterstützungsangebote geschaffen und Betroffenen kann geholfen werden. 

Sprich mit deinem Arbeitgeber über die psychischen Belastungen am Arbeitsplatz

Ein offener Umgang mit dem Thema ist gesellschaftlich wünschenswert und notwendig. Als Betroffener kannst du selbst dazu beitragen. Sprich gegenüber einer Vertrauensperson offen an, wie es dir geht, nimm dich zurück, wenn du Ruhe brauchst und achte darauf, dich nicht zu überfordern. 

Hast du das Gefühl, dein Arbeitgeber könnte mehr für eine psychische Gesundheit seiner Belegschaft tun, schlage ihm vor, einen Gesundheitstag im Unternehmen zu veranstalten. Einige Krankenkassen bieten beispielsweise Vorträge und Kurse zum Thema Stressmanagement an. Manche Firmen arbeiten sogar bereits mit Psychologen zusammen, um ihre Mitarbeiter zu unterstützen. 

Das hilft letztendlich nicht nur dir im Umgang mit einer psychischen Belastung. Du kannst auch ein Vorbild und Wegbereiter für deine Kollegen sein, die möglicherweise mit ähnlichen Problemen kämpfen. Nicht zuletzt ist es auch für dein Unternehmen ein Anstoß, zukünftig besser mit dem Tabuthema Psyche umzugehen und eine positive Arbeitsatmosphäre zu schaffen. Lebst du mit einer psychischen Erkrankung, ist es ratsam,  dir Unterstützung von einem Fachmann zu holen.