Nein sagen: Wie kann ich klare Grenzen setzen?

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Klare Grenzen setzen

Es ist 16 Uhr an einem Freitagnachmittag. Du hast deine Arbeit für heute größtenteils erledigt und willst bald entspannt Schluss machen. Plötzlich kommt dieser eine Kollege, der dich in letzter Zeit schon häufiger um einen Gefallen gebeten hat und fragt dich, ob du ihm “ganz kurzfristig bei einem Projekt helfen kannst”. Das Projekt liegt nicht in deinem Aufgabenbereich und wenn du dem Kollegen hilfst, musst du Überstunden machst. Andererseits fällt es dir schwer, klare Grenzen zu setzen und entschieden Nein! zu sagen. 

Wenn du dir unsicher bist, wann es angebracht ist, klare Grenzen zu setzen und wie du das am besten machst, ist dieser Artikel für dich genau richtig. 

Warum sind klare Grenzen wichtig?

Klare Grenzen sind erst einmal weder gut noch schlecht. Sie sind sowohl im Privatleben als auch am Arbeitsplatz notwendig für ein gesundes und produktives Miteinander, bei dem sich jeder gesehen und respektiert fühlt. 

Sie sind ein wichtiger Bestandteil von offener und gesunder Kommunikation. Ganz wichtig: Wer Grenzen aufstellt, sollte diese auch laut aussprechen und konkretisieren. Sie sind wichtig, um nicht ausgenutzt zu werden und richtig auf sich selbst zu achten. 

Vielen Menschen fällt es allerdings schwer, ihre Grenzen klar zu kommunizieren. Das kann unterschiedliche Gründe haben. 

Gründe für verschwommene/ keine Grenzen

  • Angst vor Ablehnung. Häufig haben wir völlig unbegründet Angst davor, von unseren Mitmenschen abgelehnt und von anderen negativ wahrgenommen wird. Wir haben Angst davor als gemein, unfair, unfreundlich oder zickig wahrgenommen zu werden. Dabei sind vor allem Freunde und Familie häufig dankbar, wenn sie neutral und ruhig Grenzen aufgezeigt bekommen und so wissen, was sie in Zukunft nicht mehr tun sollen. 
  • Konfliktaversion. Vor allem People Pleaser und konfliktscheue Menschen neigen dazu, Konflikten aktiv aus dem Weg zu gehen und eine unangenehme Situation lieber “auszuhalten” als den Mund aufzumachen. Dabei entsteht eine Verschiebung des Selbstwertgefühls. Es ist nicht gut fürs Selbstbewusstsein Andere immer wieder über die eigenen Bedürfnisse zu stellen und sich immer wieder “klein zu machen”. Gleichzeitig kann es dazu führen, dass sich Spannungen gegenüber Mitmenschen aufbauen, die sich mitunter irgendwann in einem großen Knall entladen und dann beim Gegenüber auf großes Unverständnis stoßen. 
  • Streben nach Anerkennung. Viele Menschen haben ein ausgeprägtes Streben nach Anerkennung von außen. Sie ziehen ihr Selbstwertgefühl vor allem aus der Einschätzung ihrer Mitmenschen und deren Bewertung ihres Verhaltens. In Konfliktsituationen kann das allerdings zum Fallstrick werden. Wer ständig gefallen möchte, dem fällt es schwer, unangenehme Themen anzusprechen. Denke immer daran, dass du deine Beziehungen durch offene Kommunikation langfristig verbessern wirst. Auch wenn du dich vielleicht einen Moment lang unwohl fühlst, langfristig profitieren beide Seiten davon. 

Jeder von uns hat Grenzen. Sie sind allerdings häufig nicht mit anderen Menschen kommuniziert und wir ärgern uns insgeheim, dass sie von Anderen nicht eingehalten werden. Ein klares “Bis hierhin und nicht weiter” ist wichtig. Nur wenn du deine Grenzen klar machst, kannst du erwarten, dass andere Menschen sie auch respektieren. 

Wie setze ich Grenzen?

Der erste und wichtigste Schritt ist es erst einmal, die eigenen Grenzen zu erkennen und zu benennen. Du weißt nicht, wo diese Grenzen liegen? Am Arbeitsplatz sind Zuständigkeiten und Grenzen häufig leichter zu definieren als im Privaten. Sollte dem nicht so sein, bitte deinen Vorgesetzten in einem privaten Gespräch darum, deine Aufgabenbereiche und Zuständigkeiten genau zu definieren. Anhand dessen kannst du leichter abwägen, was zu deinen Todos zählt und wo dich jemand gerade um einen Gefallen bittet. Grenzen setzen, bedeutet hier nicht, niemals einen Gefallen zu tun, sondern viel mehr, mit sich selbst und den eigenen Ressourcen vernünftig zu haushalten. 

Nimm dir ein paar Minuten Zeit und reflektiere: 

  • Wann hast du das letzte Mal etwas getan, was du eigentlich nicht tun wolltest? Hast du es hinterher bereut?
  • Über welches Verhalten von Anderen beschwerst du dich hinter deren Rücken, hast es ihnen aber noch nicht direkt gesagt?
  • Gibt es Menschen gegenüber denen du eine innere Anspannung verspürst? Warum ist das so?
  • Was sind deine Werte und Überzeugungen? Lebst du sie?

Gesundes Selbstbewusstsein als Grundlage 

Häufig fühlen wir uns unwohl damit, unsere Grenzen feststecken, weil wir uns insgeheim selbst klein machen. Schluss damit! Nimm dir über die kommenden Wochen bewusst vor, dein Selbstbewusstsein aufzubauen. Du hast es genauso wie jeder Andere verdient, wahrgenommen und wertgeschätzt zu werden. Durch verschiedene Übungen kannst du dein Selbstbewusstsein stärken und lernen, dich selbst an erster Stelle zu sehen. 

Hör auf dein Bauchgefühl! 

Du kennst das bestimmt, jemand bittet dich um einen Gefallen und sofort hast du dieses komische Stress-Gefühl im Bauch. Du fühlst dich im Zwiespalt. Das ist dein Bauchgefühl, dass gerade “Achtung” schreit. Du befindest dich in einer Zwickmühlensituation: Entweder enttäuschst du einen anderen Menschen oder du tust etwas, was du vielleicht nicht möchtest oder was dir zusätzlichen, unerwünschten Stress bereitet. Bevor du sofort mit einem “Ja klar” raus platzt, atme beim nächsten Mal tief durch. Wenn du den Gefallen ablehnen möchtest, erkläre sachlich, dass dein Terminkalender für diese Woche leider schon voll ist und du liebend gerne helfen würdest, aber andere Projekte darunter leiden würden. Niemand wird dir eine freundliche, aber sachliche Ablehnung übel nehmen. 

Entwickle ein positives Mindset

Wann immer du dich darüber ärgerst, dass jemand deine Grenzen übertritt, stellt dir Folgendes vor: Die meisten Menschen übertreten deine Grenzen nicht böswillig. Sie kennen diese schlicht und ergreifend nicht. Das ist absolut keine Entschuldigung für Verhalten, dass dir körperlich und emotional unangenehm und dieser Gedanke sollte mit Vorsicht angewendet werden. Aber: Es ist wichtig, dass du deine Grenzen verbalisierst. Sieh die Situation eher als Feedbackgespräch, als eine Chance, eure Beziehung zueinander zu verbessern. Kommuniziere deine Grenzen klar und freundlich, so dass die andere Person sich nicht gleich angegriffen fühlen muss.