Menschen, die am Impostor Syndrom leiden, haben stĂ€ndig das GefĂŒhl, insgeheim BetrĂŒger zu sein. Auch wenn ihnen ihre eigenen Erfolge direkt vor Augen stehen, nehmen sie diese verzerrt wahr. Statt sich selbst auf die Schulter zu klopfen, gehen sie davon aus, dass es sich um GlĂŒck, Zufall, gĂŒnstige UmstĂ€nde o.Ă€. gehandelt hat.
Was ist das Impostor Syndrom?
Zum ersten Mal beschrieben wurde das Impostor Syndrom bereits 1978.1 Seit In einer Studie von 1991 wird Imposter Syndrom folgendermaĂen definiert.
âImpostor syndrome (also known as impostor phenomenon, fraud syndrome, perceived fraudulence, or impostor experience) describes high-achieving individuals who, despite their objective successes, fail to internalize their accomplishments and have persistent self-doubt and fear of being exposed as a fraud or impostor.â2
Das Impostor Syndrom kann theoretisch jeden treffen. Besonders hĂ€ufig kommt es jedoch bei Fach- und FĂŒhrungspersonal vor. Ironischerweise handelt es sich dabei genau um Menschen, die von ihrer Umwelt als zielstrebig und erfolgreich wahrgenommen wird.
Das Impostor Syndrom kann unterschiedlich stark auftreten. Einige Menschen sind nur fĂŒr einen bestimmten Zeitraum (Tage, Wochen oder Monate) davon betroffen, andere schleppen Stress und Angst ein Leben lang mit sich herum.Â
Anzeichen erkennen
Impostor Syndrom ist nicht mit niedrigem Selbstbewusstsein zu verwechseln. Die Selbstzweifel sind hĂ€ufig internalisiert und fallen Mitmenschen ĂŒberhaupt nicht auf. Trotzdem können sie extrem negative Folgen fĂŒr Betroffene und deren Gesundheit haben. Impostor Syndrom erzeugt nĂ€mlich Stress und kann damit zu Schlafstörungen, Herzrasen und erhöhtem Puls fĂŒhren.
Langfristige Folgen sind unter Anderem:
- Depression
- Ăberarbeitung und Ăberforderung
- Burnout
- ExistenzÀngste
- BeeintrÀchtigung der Performance auf der Arbeit
- Selbstzweifel
- Schwierigkeiten, eigene Erfolge zu identifizieren
Der erste wichtige Schritt ist es, zu erkennen, ob du selbst betroffen bist. Wenn du dir unsicher bist, findest du im letzten Artikel einen Selbsttest.
Ursachen
Ursachen fĂŒr das Impostor Syndrom können vielfĂ€ltig sein und reichen hĂ€ufig in die prĂ€genden Phasen der Kindheit und frĂŒhen Jugend zurĂŒck. Das eigene VerstĂ€ndnis von Erfolg geht auf das zurĂŒck, was Eltern, Freunde und Lehrer einem beigebracht haben.
- Externer Druck Höchstleistungen erbringen zu mĂŒssen
- Leistungen werden belohnt, fehlende Leistungen werden bestraft
- Liebe und Anerkennung folgen auf gute Ergebnisse
- Vergleiche mit Geschwistern, Freunden o.À. prÀgen das SelbstverstÀndnis des Kindes
Wer von klein auf unter dem Druck leidet, stĂ€ndig leisten zu mĂŒssen, externalisiert sein eigenes SelbstwertgefĂŒhl und macht es von EinschĂ€tzungen von auĂen abhĂ€ngig. Die stĂ€ndige Angst andere zu enttĂ€uschen wird ĂŒberproportional und nimmt zu viel Raum ein.
Auswirkungen
Nicht jeder erlebt das Impostor Syndrom auf die gleiche Art und Weise. Imposter Syndrom Expertin Dr. Valerie Young hat die Gruppe der Imposter in fĂŒnf verschiedene Kategorien unterteilt: Den Perfektionisten, den Superhelden, das Naturtalent, den Solisten und den Experten. 4 (Mehr dazu findest du hier.) Trotzdem treten zwischen den Kategorien viele Gemeinsamkeiten auf
Der Ăberflieger.
Vor allem Kinder, die regelmĂ€Ăig gute Leistungen erbringen, stehen unter stĂ€ndigem Leistungsdruck. Ihr soziales Umfeld erwartet, dass sie auch weiterhin performen. Wenn Eltern auf kleine Ausrutscher mit unverhohlener EnttĂ€uschung reagieren und Kinder fĂŒr gute Leistungen belohnen, schlechte Leistungen dagegen bestrafen, entstehen beim Kind verschobene Erwartungen an die eigenen Leistungen. Im Erwachsenenalter bleibt dieses GefĂŒhl bestehen; die Angst den Chef und Mitarbeiter zu enttĂ€uschen kann sogar zunehmen.Â
Der Zweifler.
Durch die Schule ist er leicht durchgekommen, eigentlich musste sich der High Achiever kaum anstrengen. SpĂ€ter fĂ€llt es schwer, eigene Erfolge als solche anzunehmen. Hat man wirklich Arbeit rein gesteckt? Irgendwie fĂŒhlt sich das an wie Zufall. Andere mĂŒssen sich viel mehr abrackern…Oder? Zweifel ĂŒber die eigenen FĂ€higkeiten kommen auf, obwohl die Ergebnisse eigentlich fĂŒr sich sprechen wĂŒrden. Betroffene finden es hĂ€ufig schwer, ihr Können richtig einzuschĂ€tzen und haben deshalb Probleme in Gehaltsverhandlungen, bewerben sich mitunter auf niedrigere Positionen oder fragen erst viel zu spĂ€t nach einer Beförderung.Â
Der EinzelgÀnger.
Wer sich stĂ€ndig beweisen muss, um die eigene Position zu rechtfertigen, nimmt mehr Arbeit auf sich als andere Mitarbeiter. Ăberstunden? Kein Problem! Dem Kollegen ein komplexes Projekt abnehmen? Na klar! Wer am Impostor Syndrom leider, neigt dazu, sich mit zusĂ€tzlichen Aufgaben voll zu laden und diese manchmal sogar mit nach Hause zu nehmen. Das Ergebnis: Ăberarbeitung, Stress und zu wenig Zeit fĂŒr Hobbys und Privates.Â
Du bist genug!
Wie geht man nun mit dem Impostor um, wenn man selbst betroffen ist? Etwa 70% aller Befragten gaben in einer Studie an, im Laufe ihrer Karriere am Impostor Syndrom gelitten zu haben. Du bist also nicht alleine. Es ist wichtig, sich selbst daran zu erinnern, dass niemand erfolgreich geboren wurde. Erfolg ist ein Prozess, der Arbeit und stĂ€ndiges Wachstum erfordert und es ist absolut in Ordnung irgendwo mitten in diesem Prozess zu sein. âIch bin genug!â Mach das zu deinem Mantra. HĂ€ng es dir als Post It an den Spiegel und erinnere dich jeden Tag vor der Arbeit daran. Was immer du heute schaffst, ist ein Produkt deiner Arbeit und es ist genug. Du bist genug. Deine Arbeit ist genug.
Tipp #1: Vergleiche dich mit deinesgleichen.
Wer hohe Erwartungen an sich selbst stellt, neigt dazu, sich mit Menschen zu vergleichen, die Ă€lter sind, bereits viel mehr Erfahrung haben und ggf. In eine höheren Position sind. Vergleiche deine Performance stattdessen mit Personen, die die gleiche oder eine Ă€hnliche Rolle ausĂŒben und vergleichbare Erfahrungen mit sich bringen. Nur so kannst du dich realistisch selbst beurteilen.Â
Tipp #2: Werde Mentor fĂŒr jĂŒngere Kollegen.
In dem du dein Wissen und deine Expertise an jĂŒngere Kollegen weitergibst, setzt du dich bewusst damit auseinander, was du kannst und wie viel du bereits erreicht hast. Beide Seiten können davon nur profitieren.
Tipp #3: Zusammenarbeit!
Die FĂ€higkeit im Team zu arbeiten und dich auf andere zu verlassen ist wichtig am Arbeitsplatz. Wenn dein innerer Perfektionist dich hĂ€ufig davon abhĂ€lt, Aufgaben an Andere abzugeben oder mit ihnen zusammen zu arbeiten, such dir aktiv Projekte, in denen ihr euch gegenseitig aufeinander verlassen mĂŒsst. So kannst du ĂŒben, die Kontrolle aus der Hand zu geben und die Arbeit deiner Mitarbeiter zu schĂ€tzen.
Tipp #4: Sieh Fehler als Möglichkeit zu lernen.
Du hast etwas falsch gemacht? Erinnere dich daran, dass Fehler die beste Möglichkeit zum Lernen sind. Versuche, weniger streng mit dir selbst ins Urteil zu gehen und frag dich stattdessen, was du aus dieser Situation fĂŒrs nĂ€chste Mal mitnehmen kannst.
Tipp #5: Lerne, mit Kritik umzugehen.
Nicht jede Form von Kritik ist ein Angriff. Erinnere dich daran, dass konstruktive Kritik nichts mit dir zu tun hat, sondern ebenfalls eine Möglichkeit ist, deine Performance zu verbessern. Kritik bedeutet nicht, dass du nicht gut genug bist, sondern ist eine Möglichkeit, dich zu verbessern.
Quellen:
1 https://www.paulineroseclance.com/pdf/ip_high_achieving_women.pdf
2 Perceived fraudulence in young adults: is there an „imposter syndrome“?
Kolligian J Jr, Sternberg RJ, J Pers Assess. 1991 Apr; 56(2):308-26.
3 https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7174434/
4 Valerie Young: The Secret Thoughts of Successful Women: Why Capable People Suffer From the Impostor Syndrome and How to Thrive in Spite of It